Bei einer Dünndarmfehlbesiedlung - oder dysbiose - leben zu viele Bakterien im Dünndarm. Das ist nicht gut, denn dort sind normalerweise nur wenige Keime erlaubt.
Der Dünndarm verbindet den Magen mit dem Dickdarm. Anders als im Dickdarm machen Keime in großer Anzahl im Dünndarm große Probleme.
Normalerweise hilft eine kleine Anzahl Bakterien im Dünndarm bei der Verdauung. Eine Dünndarmfehlbesiedlung macht aber Probleme. Denn ein gesunder Dünndarm lässt von seinem Inneren nur das ins Blut, was wir wirklich brauchen. Bei dysbiose wird der Dünndarm aber undicht und das führt zu unangenehmen Beschwerden.
Bakterien leben im gesamten Verdauungstrakt. Im Dickdarm sind aber die allermeisten. Rund 1 Milliarde pro Milliliter Flüssigkeit um genau zu sein. Das ist eine Milliarde Bakterien in ungefähr einem grossen Regentropfen Flüssigkeit. Ein gesunder Mensch sollte aber sehr, sehr viel weniger im Dünndarm haben.
Hunderttausend mal weniger. (zehntausend pro Milliliter Flüssigkeit sind im Dünndarm normal). Ausserdem funktioniert eine gesunde Verdauung im Dünndarm mit ganz anderen Bakterien als im Dickdarm.
Hauptaufgabe des Dünndarms ist es die Nährstoffe zu zerlegen und ins Blut zu transportieren. Nachdem die Salzsäure im Magen die Mahlzeit zerlegt hat gelangt sie als nächstes in den Dünndarm. Dort helfen die richtigen Bakterien bei der weiteren Verdauung und Aufnahme von Nährstoffen.
Selbst produzieren sie dabei auch wertvolle Nährstoffe (kurzkettige Fettsäuren) und Vitamine. Die "guten Bakterien" sind bei einem gesunden Menschen Stammgäste im Dünndarm. Sie besetzen ihn und verdrängen dadurch andere unerwünschte und schädliche Bakterien. Sie verhindern, dass diese sich überhaupt ansiedeln können.
Was passiert bei einer Dünndarmfehlbesiedlung ?
Eine Dünndarmfehlbesiedlung hat man also, wenn sehr viel mehr Bakterien als normal im Dünndarm leben. Oder wenn fremde Sorten sich einnisten. Meist klettern dabei gleich mehrere, die normalerweise im Dickdarm leben hinauf in den Dünndarm.
Leidet man an einer Dünndarmfehlbesiedlung so ist Verdauung und Aufnahme von Nährstoffen gestört. Sie schadet den Zellen des Dünndarms. Die schützende Schleimhaut wird stellenweise beschädigt. Ist das der Fall kann der Dünndarm seinen Inhalt nicht mehr richtig abdichten.
Was passiert wenn der Dünndarm undicht wird ? Unverdaute Teile der Nahrung wie zB. Eiweisse gelangen bei gesunder Verdauung nur in geringen Mengen ins Blut. Hat man dysbiose und ist die Schleimhaut undicht, gelangen mehr davon in unser Blut.
Der Körper glaubt an einen Angriff und startet eine Immunabwehr. Das führt zu Allergien, Unverträglichkeiten und im allgemeinen Entzündungen. Entzündungen begünstigen Insulinresistenz. Schlimmstenfalls führen die Abwehrreaktionen sogar zu Autoimmunerkrankungen.
Dieselben Bakterien, die im Dickdarm friedlich sind machen im Dünndarm Probleme. Einerseits stören sie die Verdauung und Aufnahme der Nährstoffe. Andererseits verbrauchen sie selbst Nährstoffe. Das führt zu einem Mangel. Nährstoffmangel. Zum Beispiel geht auf diese Weise wertvolles Vitamin B12 verloren, bevor es vom Dünndarm ins Blut gelangen kann.
Aber die ungebetenen Gäste fressen nicht nur Vitamine weg. Sie ernähren sich auch gerne von Eiweiss. Das führt dann zu Eiweissmangel. Zusätzlich entstehen bei diesem Prozeß Gifte wie Ammoniak. Das ist eine zusätzliche Belastung für unseren Körper, der dieses Gift in mühsamer Arbeit über die Leber wieder abbauen und ausscheiden muss.
Da die unerwünschten Bakterien auch die Produktion von Gallensäuren stören, beeinträchtigen sie auch die Verdauung von Fetten. So entsteht ein Mangel an fettlöslicher Vitamine (Vitamine A, D, E, K).
Natürlicher Schutz vor Dünndarmfehlbesiedlung.
Normalerweise wird eine Dünndarmfehlbesiedlung durch verschiedene Mechanismen im Körper verhindert. Dazu gehören:
- die Salzsäure im Magen: wird im Magen ausreichend Säure produziert, vernichtet sie auch viele Bakterien im Dünndarm
- Antikörper im Dünndarm: die werden vom Immunsystem produziert und kleben sich an die unerwünschten Gäste um sie zu neutralisieren
- rhythmische und wellenartige Anspannungen der Darmmuskulatur. Diese Wellenbewegungen im Darm treiben das Verdaute rechtzeitig zügig voran, bevor es zu Gährungsprozessen kommen kann.
- die Ileozökale Klappe, die einen Rückfluss des Verdauten von Dickdarm in Richtung Dünndarm noch zusätzlich begrenzt.
Wie häufig kommt Dünndarmfehlbesiedlung vor ?
Manchen Studien zufolge haben bis zu 15% gesunder und sich gesundfühlender Menschen eine Dünndarmfehlbesiedlung. Bei Menschen mit Reizdarmsyndrom sind es sogar 80% Prozent. Die Dünndarmfehlbesiedlung wird nicht in allen Fällen von Ärzten auf Anhieb richtig erkannt.
Das hat zwei Gründe. Einerseits suchen nicht viele Menschen, die Probleme mit Dünndarmfehlbesiedlung haben einen Arzt auf.
Andererseits ist nur wenigen bewusst, wie weitverbreitet das Problem wirklich ist. Herkömmliche Tests (Wasserstoff- und Methan-Atemtest) können ein trügerisches Ergebnis liefern. Der Test kann ohne Befund ausfallen, obwohl tatsächlich eine Dünndarmfehlbesiedlung besteht. Diese muss dann mit einer Dünndarmprobe nachgewiesen werden. Das ist eine nicht sehr angenehme Prozedur und wird daher gemieden.
Symptome einer Dünndarmfehlbesiedlung.
Daher ist es wichtig besonderes Augenmerk auf die Symptome zu richten - es müssen nicht alle Symptome dabei auftreten:
- Schmerzen im Bauch, unangenehmes Völlegefühl
- Blähbauch
- Durchfall
- Verstopfung
- Winde, Rülpsen, Reflux
- bis zu Gewichtsverlust
- Nährstoff- und Vitaminmangel
Ist Dünndarmfehlbesiedlung ansteckend ?
NEIN.
Oft sind bakterielle Infektionen ansteckend. Das ist bei Dünndarmfehlbesiedlung nicht so ! Sie ist nicht von einem Menschen auf den anderen übertragbar.
Welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es ?
Oft werden Antibiotika verschrieben. Dennoch ist das für bis zur Hälfte der Betroffenen nur eine kurzfristige Hilfe. Nach einem Jahr hat die andere Hälfte der Behandelten wieder eine Dünndarmfehlbesiedlung.
Ursachen finden.
Die Beseitigung mithilfe von Antibiotika ist also auf Dauer nicht in allen Fällen wirksam. Daher ist kann es hilfreich sein, der Frage nach der Ursache nachzugehen.
Magenschutz kann Verdauung verschlechtern.
Wer Packungsbeilagen liest weiss, dass die Einnahme mancher Medikamente die Verdauung stört. So werden Protonenpumpenhemmer ("Magenschutz") oft zur Linderung von
- Sodbrennen,
- zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren
- bei Infektionen mit dem Keim Helicobacter Pylori
- und auch bei Refluxösophagitis verschrieben.
Bei längerer Einnahme führen diese Medikamente bei jedem zweiten Behandelten zu einer Dünndarmfehlbesiedlung. Der Grund dafür ist ihr Wirkmechanismus. Sie hemmen die Erzeugung der Magensäure, die uns vor Dünndarmfehlbesiedlung schützt.
Verlangsamte Darmentleerung.
Forschungen haben gezeigt, dass neben verminderter Magensäure die wichtigste Ursache aber eine Störung der wellenartigen Anspannungen der Muskulatur (die sogenannte Peristaltik) im Verdauungstrakt sind.
Menschen mit einer Dünndarmfehlbesiedlung leiden sehr häufig unter einer verzögerten Entleerung des Dünndarms. Der Inhalt des Dünndarms landet "mit Verspätung" im Dickdarm. Das hilft Bakterien aus dem Dickdarm in den Dünndarm zu gelangen.
Schilddrüsenunterfunktion.
Nicht selten kann eine Schilddrüsenunterfunktion die Entleerung des Dünndarms verlangsamen und so eine Dünndarmfehlbesiedlung begünstigen.